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Cheflöhne der Krankenkassen im Visier der Politik

Tagungsraum KrankenkassenDie Politik nimmt die Cheflöhne bei den Krankenkassen ins Visier. Die Sozialkommission des Nationalrats fordert für die Geschäftsleitung in der Grundversicherung der Krankenkassen einen Lohndeckel von 250'000 Franken.

Lohndeckel für die Grundversicherung gefordert

Die Sozialkommission des Nationalrats sprach sich Ende Juni 2022 zusammen mit der Linken und der SVP für einen Lohndeckel in der Grundversicherung der Krankenkassen aus. Pro Jahr dürfen demnach Geschäftsleitungsmitglieder nicht mehr als 250'000 Franken verdienen. Exzessive Managerlöhne sind angesichts der steigenden Krankenkassenprämien in einer sozialen Versicherung inakzeptabel. An der Prämienhöhe würde ein Lohndeckel kaum etwas ändern. Es ist aber nicht sicher, wie er sich auf die Chefvergütungen auswirkt. Er könnte zu massiven Lohnsenkungen führen, denn die zehn bestbezahlten Krankenkassenchefs erhielten 2021 Gehälter von 480'000 Franken bis 955'000 Franken. Andreas Schönenberger, Chef der Sanitas, steht an der Spitze, obwohl Sanitas nur halb so gross wie die Branchenführer CSS und Helsana ist.

Nur die Grundversicherung im Fokus der Politik

Die Gesamtbezüge der Kassenchefs sollen von der Nationalratskommission nicht untersucht werden. Es geht lediglich um die Grundversicherung. Dabei stellt sich die Frage, ob die Kassen die Gesamtbezüge auch mit dem geforderten Lohndeckel unverändert belassen können. Ein grösserer Anteil könnte dem Geschäft mit Krankenzusatzversicherungen und Unfallversicherung angerechnet werden. Der Vorstoss der Nationalratskommission visiert keine Lohnregulierung ausserhalb der obligatorischen Krankenversicherung an.

Aufteilungskriterien bei den Krankenkassen

Die Krankenkassen teilen die zentralen Kosten nach einem bestimmten Schlüssel auf Einzelbereiche auf und weisen für die einzelnen Geschäftsbereiche separate Ergebnisse aus. Die Grundversicherung könnte bei einigen grossen Kassen 40 bis 60 Prozent der Cheflöhne betragen. Die Aufteilung aus den Geschäftsbereichen ist bei einigen Kassen nicht erkennbar. Bei der Sanitas entfallen vom gesamten Cheflohn von 955'000 Franken ungefähr 500'000 Franken auf die Grundversicherung. Vom Cheflohn der Visana von mehr als 560'000 Franken entfallen auf die Grundversicherung ungefähr 225'000 Franken.

Stimmt das Parlament dem Vorstoss der Nationalratskommission zu, könnten die Aufsichtsbehörden die Aufteilung der Cheflöhne auf die einzelnen Geschäftsbereiche genauer ins Visier nehmen. Für die gewählten Verteilschlüssel müssten die Kassen plausible Erklärungen liefern. Ohne Lohnsenkungen stellt der Lohndeckel für die meisten Grosskassen ein Problem dar.

Beurteilungskriterien für Managerlöhne

Um die Cheflöhne genauer zu beurteilen, muss geklärt werden, welche Kriterien dafür relevant sind. Vergütungsexperte Urs Klingler hat Beratungserfahrung im Gesundheitssektor und benennt einige Vergleichskriterien:

  • Löhne von Vergleichsbranchen wie Spitalmanagement, Verwaltungsmanagement und Privatversicherer
  • konkrete Funktion
  • Lohnniveau bei Tätigkeiten potentieller Kandidaten
  • Grösse des Betriebs.

Das Lohnniveau in den Chefetagen der Krankenkassen wertet Klingler angesichts der Rolle der sozialen Krankenversicherung eher etwas tief.

Der Krankenkassen-Lohndeckel von 250'000 Franken wird selbst vom Cheflohn in relativ kleinen bundesnahen Betrieben überstiegen. BDP-Nationalrat und Verwaltungsratspräsident der Berner Krankenkasse Visana, Lorenz Hess, spricht davon, dass für die Spitzenposition bei einer grossen Krankenkasse keine geeigneten Leute für 250'000 Franken zu finden seien. Er begründet das auch mit der Verantwortung und damit, dass ein Manager in der Öffentlichkeit am Pranger steht, wenn etwas schiefläuft.

Schwerer Start für den Vorstoss der Nationalratskommission

Im Parlament könnte der Vorstoss der Nationalratskommission zum Lohndeckel einen schweren Start haben. Der Nationalrat ist wahrscheinlich im Herbst die erste Hürde. Nach einer Zustimmung wird die Sache an den Ständerat weitergeleitet, bei dem es seltener zu populistischen Wallungen kommt. Nicht zu vergessen ist, dass 2023 ein Wahljahr ist.

Quelle: https://www.nzz.ch/wirtschaft/krankenkassen-chefloehne-geraten-ins-visier-der-politik-ld.1691016

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