Krankenkassenwechsel entschlüsselt: So vergleichen Schweizerinnen und Schweizer ihre Krankenkasse
Was beschäftigt die Versicherten beim Wechsel?
Die grosse Auswertung der letzten fünf Jahre basierend auf mehr als 227'000 Anfragen
Zwar sind die Schweizer in den letzten drei Jahren von allzu drastischen Prämienerhöhungen verschont geblieben. Im Durchschnitt stieg die Prämie jedoch seit 1997 jährlich um 3,8 Prozent. Zum Vergleich: Betrug die mittlere Prämie 2016 noch monatlich 287 Franken, lag sie 2020 bereits bei 315 Franken. Die preislichen Unterschiede zwischen den Kantonen sind dabei teils empfindlich hoch.
Grund genug, regelmässig die neuen Prämien zu vergleichen und mit einem Krankenkassenwechsel zu sparen. Worauf die Schweizer dabei besonders achten, haben unsere Experten von krankenkassencheck.ch in einer umfangreichen Auswertung ermittelt. Welches Versicherungsmodell ist in welchem Kanton am beliebtesten? In welche Richtung geht der Trend seit 2015 bei den Zusatzversicherungen? Und was machen die Frauen anders bei der Gesundheitsvorsorge als die Männer?
Das grösste Sparpotential steht im Vordergrund
Die Entwicklung der gewählten Franchisen in den letzten Jahren zeigt, dass sich immer mehr Schweizer an den Empfehlungen zur Wahl der Franchise orientieren. Die vielen unterschiedlichen Franchisenhöhen wurden in der Vergangenheit häufig von Experten kritisiert. Denn meist machen nur zwei Franchisen Sinn: Zum einen die Grundfranchise, also die niedrigste, wenn hohe Gesundheitskosten erwartet werden. Zum anderen die höchste Franchise von 2’500 Schweizerfranken, wenn man von niedrigen Krankheitskosten für das kommende Jahr ausgeht und bei den Krankenkassenprämien sparen will. War 2017 noch die mittlere Franchise von 1’500 Schweizerfranken extrem beliebt, wählen die Versicherten nun die, bei der sie sich die höchsten Einsparungen erhoffen.
Grundfranchise für Kinder und im Alter beliebt
Minderjährige und Schweizer ab 65 Jahren bevorzugen die Grundfranchise. Bei den über 90-Jährigen wählen mehr als 7 von 10 Schweizern die niedrigste Franchise, knapp 60 Prozent der über 65-Jährigen wählen ebenfalls die Minimalfranchise von 300 Schweizerfranken. Eine sinnvolle Entscheidung, da mit zunehmendem Alter die Krankheitskosten meist steigen.
Bei den 27- bis 39-Jährigen - der Generation Y - wird hingegen die höchste Franchise bevorzugt. Laut der aktuellen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung liegt diese Altersgruppe zwar mit einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen von 6’322 Schweizerfranken noch unter dem Schweizer Durchschnittslohn von 6’500 Schweizerfranken. Günstigere Prämien und ein meist guter Gesundheitszustand in diesem Alter machen die Franchise in Höhe von 2’500 Schweizerfranken jedoch attraktiv.
Sind Männer risikobereiter bei der Franchisenwahl?
Frauen wählen deutlich häufiger die Grundfranchise von 300 Franken als Männer. Zwar ist auch bei den Schweizer Männern die tiefste Franchise mit 34,7 Prozent die Beliebteste. Allerdings entscheiden sich deutlich mehr Schweizer als Schweizerinnen für die höchste Franchise. Während 33,1 Prozent der Männer die Maximalfranchise von 2’500 Schweizerfranken wählen, sind es bei den Frauen nur 24,6 Prozent.
Grund dafür könnte neben einem unterschiedlichen Absicherungsbedürfnis auch das Gender Pay Gap sein. So beträgt die Lohnschere zwischen Schweizer Frauen und Männern aktuell etwa 14,4 Prozent. Dass sich Frauen aufgrund von häufigeren Arztbesuchen für die tiefste Franchise entscheiden, scheint unwahrscheinlich. Laut einer Gesundheitsbefragung des Bundesamtes für Statistik ist die Anzahl der jährlichen Arztkonsultationen - ausgenommen von gynäkologischen Untersuchungen - bei Frauen und Männern nahezu ausgeglichen.
Alternativmedizin bei Frauen beliebter
Nicht nur bei der Wahl der Franchise gehen die Schweizerinnen lieber auf Nummer sicher und sind für mögliche hohe Krankheitskosten gewappnet. Auch in Bezug auf die Zusatzversicherungen lässt sich erkennen, dass ihnen die Absicherung ihrer Gesundheit wichtig ist. So überwiegt der weibliche Anteil bei fast jeder Zusatzversicherung. Einzig zur allgemeinen Spitalversicherung haben Männer mehr Anfragen gestellt. Diese ist allerdings günstiger als die Spitalversicherungen Halbprivat oder Privat. Der Spargedanke steht hier also im Vordergrund. Auffällig stark ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei der Zusatzversicherung für Alternativmedizin. 78 Prozent der Anfragen fallen hier auf Frauen, nur 22 Prozent auf die Männer.
Telmed-Modell auf zweitem Platz
Zwar stellt das Hausarztmodell weiterhin das mit Abstand beliebteste alternative Versicherungsmodell dar. Zuletzt nahm das Interesse jedoch zugunsten anderer Modelle ab. Das zweitbeliebteste Versicherungsmodell der Schweizer, das Telmed-Modell, gewinnt nun wieder an Zuwachs. 2017 hatte das Interesse an der Kontaktierung eines Telefondienstes vor dem Arztbesuch merklich nachgelassen, was sicherlich auch auf höhere Vergünstigungen bei anderen Modellen zurückzuführen ist.
Am gefragtesten ist das Telmed-Modell für Minderjährige und Personen im hohen Alter, die sich mit 27 Prozent beziehungsweise 29 Prozent ihrer Anfragen für diese alternative Versicherungsvariante interessieren. Bei den 19- bis 26-Jährigen ist das Telmed-Modell am wenigsten gefragt, sie wenden sich als junge und urbane Altersgruppe bei gesundheitlichen Fragen am liebsten zuerst an eine HMO-Praxis. Das HMO-Modell ist regelmässig die günstigste Option und gewinnt seit 2015 langsam aber stetig an Beliebtheit.
Hausarztmodell in der gesamten Schweiz favorisiert
Obwohl das teure Standardmodell immer unbeliebter wird, befindet es sich mit 7,8 Prozent der Wechselanfragen nur auf dem vorletzten Platz unserer Auswertung, knapp vor dem HMO-Modell. Im Kanton Zug ist das Standardmodell hingegen mit 11 Prozent aller Anfragen überdurchschnittlich populär. Allerdings erwirtschaftet er von allen Kantonen in der Schweiz auch das zweithöchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf - da fällt es leichter, für den Komfort der freien Arztwahl und den direkten Zugang zu Spezialisten etwas tiefer in die Tasche zu greifen.
Bei der Nachfrage nach dem HMO-Modell lässt sich eine Wechselwirkung erkennen: Kantone mit wenigen HMO-Anfragen haben zumeist auch kein sonderlich gut ausgebautes Netz mit HMO-Praxen. Im Kanton Nidwalden erfreut sich das Telmed-Modell mit 43,1 Prozent der Anfragen der grössten Beliebtheit. Die Einwohner des Kantons Jura hingegen wollen sich am wenigsten mit einem Telefondienst herumschlagen. Nur neun von zehn Jurassiern entscheiden sich für den Gang zum Hausarzt.
Singles sind besonders wechselwillig
Nicht nur bei der Wahl der Franchise gehen die Schweizerinnen lieber auf Nummer sicher und sind für mögliche hohe Krankheitskosten gewappnet. Auch in Bezug auf die Zusatzversicherungen lässt sich erkennen, dass ihnen die Absicherung ihrer Gesundheit wichtig ist. So überwiegt der weibliche Anteil bei fast jeder Zusatzversicherung. Einzig zur allgemeinen Spitalversicherung haben Männer mehr Anfragen gestellt. Diese ist allerdings günstiger als die Spitalversicherungen Halbprivat oder Privat. Der Spargedanke steht hier also im Vordergrund. Auffällig stark ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei der Zusatzversicherung für Alternativmedizin. 78 Prozent der Anfragen fallen hier auf Frauen, nur 22 Prozent auf die Männer.
Zahnversicherung seit 2016 auf Erfolgskurs
Bei den drei meistgefragten Zusatzversicherungen, der Zahnversicherung, der halbprivaten Spitalversicherung und der Zusatzversicherung für Alternativmedizin, gab es bei der Nachfrage in den letzten fünf Jahren einige Schwankungen. War die Zusatzversicherung für Alternativmedizin 2016 sogar noch beliebter als die Zahnversicherung und die Spitalversicherung halbprivat, hat das Interesse an alternativen Heilmethoden in den letzten vier Jahren über 30 Prozentpunkte eingebüsst. Dafür legen die Schweizer inzwischen besonderen Wert darauf, sich gegen hohe Zahnarztgebühren abzusichern.
Jeder Dritte sucht nach Zahnversicherung
Die Zahnversicherung ist die gefragteste Zusatzversicherung der Schweizer, mehr als ein Drittel der Anfragen der letzten fünf Jahre zielten auf die Gesundheit der Zähne ab. Was die Beliebtheit der verschiedenen Zusatzversicherungen angeht, scheinen sich die Schweizer einig zu sein. Nur etwa ein Viertel aller Anfragen bezieht sich auf andere Zusatzversicherungen, wie beispielsweise Fitness und Prävention, Brille und Kontaktlinsen, Taggeld-, Gäste- oder Spitalversicherung.
Alternativmedizin besonders bei Generation Y gefragt
Bei den 27- bis 39-Jährigen sind alternative Behandlungsmethoden am beliebtesten, sie liegen dabei etwa 17 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der anderen Generationen. Da die Kosten für Zahnstellungskorrekturen schnell bei 10’000 Schweizerfranken und aufwärts liegen, interessieren sich viele Eltern sehr früh für eine Zahnversicherung für ihre Kinder. Das ist auch gut so, denn einige Versicherungen fordern schon ab dem dritten Lebensjahr ein Attest. Ist dann schon ersichtlich, dass eine Zahnfehlstellung vorhanden ist, kann der Versicherungsschutz teuer oder sogar verweigert werden.
Wenig überraschend steigt das Interesse für die private und besonders halbprivate Spitalversicherung mit zunehmendem Alter nahezu exponentiell an. Statistiken von Spitälern zur Anzahl und Dauer stationärer Spitalaufenthalte spiegeln dies wider. Denn mit zunehmendem Alter treten Hospitalisierungen häufiger auf, dauern länger an und wollen daher abgesichert sein.
Interesse an alternativen Heilmethoden geht stark zurück.
Zürcher und Berner bleiben in Form
Fitness- und Präventionsangebote sind in den Kantonen Bern und Zürich besonders gefragt. Bern liegt nicht nur sportlich an der Spitze sondern, auch bei der Zusatzversicherung für Alternativmedizin. 26,3 Prozent der Berner setzen auf Homöopathie und Co. Auf dem ersten Platz liegt allerdings Basel-Stadt mit 26,6 Prozent.
Es überrascht kaum, dass sich in Zürich, dem reichsten Kanton der Schweiz, besonders viele Menschen eine private Spitalversicherung leisten. 6,6 Prozent aller Anfragen für Zusatzversicherungen im Kanton Zürich fallen in diese Kategorie. Schlusslicht bei der privaten Spitalversicherung ist der Thurgau mit nur 1,5 Prozent der Anfragen. Umso wichtiger ist den Thurgauern die Gesundheit ihrer Zähne: Jeder zweite Thurgauer setzt auf die Zahnversicherung.